Volksolidarität fordert gerechte Kindergrundsicherung

Berliner Sozialgipfel adressiert sozialpolitische Forderungen an die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der Berliner Parteien für den Bundestag

 

Anlässlich der diesjährigen Bundestagswahl richtet das Berliner Sozialgipfelbündnis, in dem Gewerkschaften, sozialpolitische Interessen- und Wohlfahrtsverbände sowie der Berliner Mieterverein vertreten sind, seine umfangreichen Forderungen an die Berliner Kandidierenden für die Bundestagswahl. Diese betreffen unter anderem eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung, armutsfeste Mindestlöhne sowie einen bundesweiten Mietenstopp. In einer öffentlichen Podiumsdiskussion am 6. September vor dem Brandenburger Tor stellen sich die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten den Forderungen.

Die Baustellen der Politik sind groß: die Verschärfung der sozialen Spaltung durch die Corona-Pandemie, die Ausgestaltung einer bedarfsgerechten Pflege, Armut durch Arbeit und drohende Altersarmut sowie bezahlbares Wohnen. Das Berliner Sozialgipfelbündnis richtet in einem sechs Seiten starken Papier seine sozialpolitischen Forderungen an die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Berliner Parteien. Michael Müller (SPD), Ottilie Klein (CDU), Lisa Paus (Die Grünen), Petra Pau (Die Linke) und Christoph Meyer (FDP) haben am 6. September, von 17 bis 19 Uhr, bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor die Möglichkeit, sich den Forderungen des Bündnisses zu stellen:

Soziale Sicherung: solidarisch, gerecht und zukunftsfest
Ursula Engelen-Kefer, Landesvorsitzende des SoVD Berlin-Brandenburg e.V.
„Die Soziale Sicherung muss ausreichend finanziert werden. Voraussetzungen sind: paritätische Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie Bundessteuern für gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Zur Bekämpfung von Altersarmut sind ausreichende Rentenansprüche in der Erwerbsphase aufzubauen und bessere Rentenleistungen zu gewähren. Erforderlich sind die beschleunigte Einführung der Grundrente sowie die Abschaffung der Einkommensanrechnung. Die Arbeitslosenversicherung muss wieder zur Regelleistung bei Arbeitslosigkeit werden; die Grundsicherung bei Arbeit und im Alter muss über eine Erhöhung der Regelsätze eine ausreichende Lebensexistenz sowie gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Bürokratische Hürden sowie Stigmatisierung beim Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesellschaft sind abzubauen. Für Corona-Ausgaben sind mindestens 100 Euro zusätzlich pro Monat zu leisten. Für Kinder ist eine eigene Kindergrundsicherung einzuführen.“


Strukturelle Barrieren zu öffentlichen Leistungen abbauen
Manfred Nowak, stellvertretender Landesvorsitzender der Berliner AWO e.V.
„Mitarbeitende und Ehrenamtliche erleben in Beratungsstellen täglich, dass vielen Menschen der Zugang zu sozialen Leistungen und damit die Wahrnehmung ihrer Rechte strukturell erschwert oder sogar verwehrt wird. Gerade Menschen mit eingeschränkten Deutschkenntnissen sind hiervon häufig betroffen: Eine umfassende Beratung für sie findet selten statt, fremdsprachliche Ausfüllhilfen sind kaum vorhanden. Sie sind daher weniger über die eigenen Rechtsansprüche informiert als deutschsprachige Mitbürgerinnen und Mitbürger. Diese Hürden führen dazu, dass für Menschen mit Migrationsgeschichte die Wahrnehmung und Durchsetzung ihrer Ansprüche nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Alle in Berlin lebenden Menschen müssen die gleichen Chancen zur Durchsetzung ihrer sozialen Rechte bekommen! Dafür müssen in der öffentlichen Verwaltung Dolmetscherinnen und Dolmetscher in Fremd- und Gebärdensprache umfassend einbezogen werden und Angebote barrierefrei, mehrsprachig sowie in Leichter Sprache zur Verfügung stehen.“

Inklusion und Partizipation
Henrike Weber, Sozialpolitische Referentin des Sozialverbands VdK Berlin-Brandenburg e.V.

„Inklusion ist Menschenrecht. Partizipation deren Grundvoraussetzung. Leider zeigte die Corona-Pandemie, dass in den Krisengipfeln und -stäben die Einbeziehung der Expertise der Menschen mit Behinderung auch in eigener Sache unterblieb. Das ist zu ändern! Denn auch in der Krise gilt „Nichts über uns ohne uns!“

Transformation mit Guter Arbeit
Christian Hoßbach, Vorsitzender des DGB Berlin-Brandenburg
„Corona sollte jedem gezeigt haben, wie grundlegend wichtig ein leistungsfähiger Sozialstaat, handlungsfähige öffentliche Dienste und tragfähige Einkommen sind. Daraus müssen im neuen Bundestag Konsequenzen gezogen werden, allem voran muss der Niedriglohnsektor eingedämmt, der Mindestlohn auf mindestens 12 Euro angehoben, ein Programm zur Stärkung des Tarifvertragssystems verabredet werden. Gleichzeitig muss die Transformation gestaltet werden – durch erhebliche Investitionen in die Digitalisierung, den Klimaschutz und wirksame Mitbestimmung. Dazu brauchen wir gut ausgestattete öffentliche Haushalte und ein gerechtes Steuersystem.“

Bezahlbares Wohnen gewährleisten
Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mieterverein e.V.
„Die Situation ist nicht nur auf dem Berliner Wohnungsmarkt für Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen prekär. In den letzten 10 Jahren ist der Anteil der Wohnkosten am Haushaltseinkommen massiv gestiegen, zu Lasten von Alterssicherung und Konsumausgaben. Allein durch Wiedervermietung schwindet jeden Tag das Angebot leistbarer Wohnungen, denn die Mietpreisbremse ist löchrig wie der berühmte Schweizer Käse. Das bestehende Mietrecht schafft keine Lösungen für angespannte Märkte. Der Bund ist aufgefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine scharfe und wirksame Mietenregulation zu schaffen. Der aktuelle Neubau ist keine Lösung, denn er hilft breiten Schichten der Bevölkerung nicht, weil er viel zu teuer ist. Deshalb sind zunächst Bodenpreise und Bodennutzung stärker zu regulieren und an das Gemeinwohl zu binden, um Neubau ökologischer und bedarfsgerechter errichten zu können. Damit die Immobilienvermögen nicht zu Lasten der Mieter und Mieterinnen weiter steigen, müssen wir endlich Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes ernst nehmen: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Kindergrundsicherung
Alexander Slotty
, Vorstandsvorsitzender Volkssolidarität Landesverband Berlin e.V.
„Trotz steigender Einkommen nimmt die Zahl armer oder von Armut bedrohter Kinder in Deutschland seit Jahren zu. In Berlin lebt jedes dritte Kind in einer Familie, die auf Grundsicherungsleistungen angewiesen ist. Wir müssen die diesjährige Bundestagswahl als Chance nutzen, um dieser Entwicklung ein zukunftsfähiges und gerechtes Konzept einer Kindergrundsicherung entgegenzusetzen, die alle bisherigen Teilhabeleistungen für Kinder und Jugendliche bündelt und ohne unnötige bürokratische Hürden ausgezahlt wird.“

 

Die ausführlichen Kernforderungen des Sozialgipfelbündnisses finden Sie hier.

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