Gedenken für Opfer des Holocaust

Am Donnerstag, den 9. Oktober, fand in einer Einrichtung der Volkssolidarität Berlin in Treptow-Köpenick eine bewegende Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocaust statt. Der Ort des Erinnerns war das Gebäude des heutigen Angebots „Wohnen mit Service“ in der Mahlsdorfer Straße 94, 12555 Berlin – ein Haus, das einst ein jüdisches Altenheim beherbergte. Gemeinsam mit dem Bezirksamt Treptow-Köpenick und der Merian-Schule lud die Volkssolidarität Berlin zu dieser wichtigen Veranstaltung ein.

Über 100 Gäste gedachten der deportierten Bewohner:innen

Mehr als 100 Menschen nahmen an dem Gedenken teil, darunter Bezirksbürgermeister Oliver Igel, Bezirksstadtrat Marco Brachmann, Vertreter:innen des Bezirks, Interessierte, Fachpublikum sowie Angehörige der jüdischen Community. Besonders berührend war die Anwesenheit von Nachkommen deportierter Bewohner:innen: Dr. Klaus Zimmering und Susanne Sommer, deren Großeltern ermordet wurden. Frau Sommer reiste eigens aus Kalifornien an, um der Opfer zu gedenken.

Historischer Hintergrund: Das jüdische Altersheim in Köpenick

Das Gebäude wurde 1932 als „Haus der Gemeinschaft“ von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin eröffnet. In ihrem Grußwort zitierte Susanne Buss, Vorstandsvorsitzende der Volkssolidarität Berlin, aus dem damaligen Gemeindeblatt, das von „behaglichen Zimmern“ und einer „Parkanlage als besonderer Zierde“ sprach – die Mahlsdorfer Straße 94 sei einst „ein Garant für einen guten Lebensabend“ gewesen.

1942 wurden die letzten Bewohner:innen deportiert und fast alle ermordet. Schülerinnen und Schüler der Merian-Schule haben unter Leitung der Historikerin Dr. Bettina Goldberg die Schicksale dieser Menschen erforscht. In ihrem Vortrag erzählte sie von den Bewohner:innen, las aus ihren Briefen und beschrieb, wie viele noch hofften, in Länder wie England, Palästina, die Philippinen oder die USA ausreisen zu dürfen.

Recherchen decken tragische Einzelschicksale auf

Besonders eindrücklich schilderte Dr. Goldberg das Leben des Ehepaars Saloschin und der Familie Samuel, die gezwungen wurden, im Altenheim zu wohnen, bevor sie 1942 deportiert wurden. Durch die Recherchen ist heute bekannt, dass 95 Bewohner:innen bis 1942 deportiert wurden – bis auf zwei wurden alle ermordet. Auch Mitarbeiter:innen und die Hausmeisterfamilie wurden Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung.

Worte der Erinnerung und Mahnung

Kern der Veranstaltung war die Verlesung der Namen der Deportierten – ein stiller, emotionaler Moment des Erinnerns. In ihrer Rede appellierte Susanne Buss an die Schüler:innen:

„Ich wünsche Euch, dass dieses Projekt eines von denen ist, die Ihr in Gedanken behaltet. Dass Ihr die Fähigkeit haben werdet, Entscheidungen kritisch zu hinterfragen.“ Sie mahnte, Lehren aus der Geschichte zu ziehen und Menschlichkeit selbstbewußt und selbstbestimmt zu leben und um das „richtige“ zu streiten. „Niemals ist es jedoch „richtig“, wenn Menschen ihrer Religion wegen oder ihrer Lebensweise wegen ausgegrenzt, verletzt oder gar getötet werden. Wie Margot Friedländer sagte: Seid Menschen.

Musik, Gebet und gemeinsames Gedenken

Für den musikalischen Rahmen sorgte Kantor Yoed Sorek. Vor dem Gebäude sangen alle Anwesenden gemeinsam „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, bevor der Kantor das jüdische Totengebet Kaddisch sprach.

Das lebendige Andenken an das ehemalige jüdische Altersheim wird von der Volkssolidarität Berlin, dem Bezirk Treptow-Köpenick und vielen engagierten Bürger:innen weitergetragen. Ihr Einsatz zeigt: Erinnerung ist Verantwortung – und Menschlichkeit bleibt unser Auftrag.