Am 08. August 2024 wird jährlich der Internationale Tag der Verbundenheit (Allyship Day) gefeiert. Ally ist Englisch und bedeutet Verbündete:r. Allyship beschreibt den Prozess der aktiven Verbündetenschaft einer privilegierten Person mit Menschen aus einer gesellschaftlich unterdrückten Gruppe, z. B. von Rassismus Betroffene oder Menschen mit Behinderungen.
Wir haben daher unsere Kolleg:innen gefragt: Warum findest du es wichtig, dich für Menschen einzusetzen, die diskriminiert werden, auch wenn du selbst nicht von dieser Diskriminierung betroffen bist? Und wie genau machst du das? Wir freuen uns und sind stolz, dass so tolle Antworten eingetroffen sind. Lesen Sie gerne selbst.
Antworten:
1. Wir müssen uns unbedingt für diejenigen einsetzen, die diskriminiert werden. Oftmals sind es Einzelpersonen, welche in der Gruppe angegriffen werden. Ich persönlich konfrontiere die Angreifer:innen dann immer mit der Gegenfrage: Wie würdest du dich fühlen, wenn du diskriminiert oder beleidigt werden würdest. Oftmals ist es so, dass der oder die Angreifer:in dann ins Stottern gerät und nicht mehr weiß, was er oder sie sagen soll.
2. Ich finde es wichtig mich für Menschen einzusetzen, die diskriminiert werden, da ich in einer Welt leben möchte, in der Menschen (angst)frei leben und sich selbst verwirklichen können. Ich versuche dazu beizutragen, indem ich bei mir selbst anfange: Was kann ich tun, um diskriminierungsfrei oder zumindest vorurteilsbewusst zu leben? Weiterbildung ist für mich das A&O. Aktuell lese ich z. B. ein Buch zum Thema Antimuslimischer Rassismus. Zudem besuche ich über die VS regelmäßig kostenfreie Diversity Trainings. Genauso wie ich mir als Frau wünsche, dass Männer sich mit Sexismus/ Feminismus auseinandersetzen, damit Frauen weniger Gewalt erfahren, finde ich es z. B. wichtig, mich als weiße Person mit Rassismus/ Antirassismus auseinanderzusetzen. Wichtig finde ich auch, betroffenen Personen zuzuhören und ihre Kritik (auch an mir) anzunehmen, statt direkt in die Defensive zu gehen. Ich weiß, aus eigener Erfahrung, dass es schmerzhaft ist, sich seine eigenen Vorurteilen und rassistischen Denkmuster einzugestehen. Und dennoch ist es essenziell, um Diskriminierung entgegenzuwirken.
3. Der Hauptgedanke hinter Allyship ist in meinen Augen Empathie und Gleichberechtigung, zwei Dinge also, durch die die Welt für alle besser wird. Empathie muss aber geübt werden, indem man zuhört, hinschaut, nachfragt und sich klarmacht, dass „Gleiche Rechte für alle!“ alternativlos ist. Als Verbündete sage ich z. B. in der U-Bahn laut meine Meinung, wenn ich sehe, wie jemand rassistisch beleidigt wird. Oder ich nehme beim CSD an unserer Laufgruppe teil, da ich möchte, dass gleichgeschlechtliche Paare genauso unbehelligt Hand in Hand durch Berlin schlendern können wie mein Mann und ich.
4. Ich habe noch nie verstanden, warum Menschen in Kategorien einsortiert werden. Für mich zählt soziale Intelligenz, egal welche Hautfarbe, welches Geschlecht, welcher kulturelle oder religiöse Hintergrund. Manchmal versuche ich mir vorzustellen, wie es wäre, wenn ich eine dunkle Haut hätte oder ein Mann wäre. Oder ich gehörte einer Religion an, die nicht jedem gefällt o.ä. Solche Gedankenexperimente kann ich nur jedem empfehlen, weil sie helfen, Diskriminierung zu verstehen. Wenn es ungerecht zugeht, mische ich mich ein. Ich hinter-frage mein eigenes Handeln. Es sind nicht immer die anderen. Manchmal steckt man in Verhaltensweisen fest, die einem gar nicht bewusst sind. Dass ich als weißer Mensch in Deutschland geboren bin, ist nicht mein Verdienst. Das ist mir einfach passiert.
5. In meiner Familie gab es Diskriminierungserfahrungen: für die Araber war meine Mutter zu deutsch und zu weiß – für die Deutschen mein Vater zu arabisch und zu dunkel. Und ich war beides und nichts zugleich. Glücklicherweise bin ich sehr schlagfertig und konnte immer damit umgehen. Aber das ist nicht jedem Menschen gegeben. Schüchterne und zutiefst sensible Menschen können an Diskriminierung und Ausgrenzung zerbrechen und damit nicht ihre Potenziale für sich und uns als Gesellschaft voll ausschöpfen. Was für ein menschlicher Schatz geht uns da jeden Tag durch Rassismus, Homophobie und Religionswahnsinn und jede Art der Ausgrenzung verloren! Ich möchte das nicht dulden und bin deshalb ein aktiver Ally; eine Verbündete; immer und überall, wenn Menschen andere Menschen ausgrenzen, bedrohen, beschimpfen und angreifen, nur um sich erhöhen oder im Hass emotional spüren zu können.
6. Wir sind alle auf eine individuelle Art und Weise divers, aber eins verbindet uns alle: Wir sind Menschen und die Würde des Menschen ist unantastbar! Ich verstehe nicht, wie man dies in Frage stellen kann, bloß weil eine Person das Leben führt, wie sie es möchte und wie es sich für sie richtig anfühlt. Mehr Toleranz erweitert den eigenen Horizont und würde unsere Gesellschaft glücklicher machen. Ich versuche in meinem Arbeits- als auch Privatumfeld Toleranz zu leben und zu vermitteln und freue mich über jedes aufklärende und aufschlussreiche Gespräch, das ich in diesem Zusammenhang führen kann.