Geschichten unserer Mitglieder

Seit 75 Jahren setzt sich die Volkssolidarität Berlin – Füreinander Miteinander für bedürftige und hilfesuchende Menschen in dieser Stadt ein. Praktisch wird dafür Nachbarschaftshilfe organisiert, Beteiligungen in Gremien wahrgenommen, Einsätze als ehrenamtlich Helfende durchgeführt oder Vorstandsarbeit auf Ortsgruppenebene oder im Verband geleistet.

Bei der Arbeit steht der Gedanke der Solidarität immer an erster Stelle, dies zeigt sich auch an den positiven Zuwächsen bei Ehrenamtlichen und Mitgliedern im Verband. Mehr als 12.000 Menschen unterstützen die verbandliche Arbeit ideell, 1.000 von ihnen täglich ehrenamtlich. Unsere Mitglieder sind diejenigen, die die diesen Verband all die Jahre begleitet haben und eine wichtige Säule der Volkssolidarität sind.

75 Jahre Volkssolidarität und ich

Dr. Christine Roßberg (Ehrenmitglied)

Die Volkssolidarität gehört seit 1972 fast zu meinem Leben. Damals kam ich nach dem Medizinstudium in meine erste Praxis als Fachärztin für Allgemeinmedizin nach Berlin, ins Ambulatorium in der Balatonstraße in Friedrichsfelde. In meine Sprechstunde kamen viele ältere Patienten, die vor Kurzem in die neu erbauten Hochhäuser gezogen waren. Sie kannten niemanden und fanden untereinander keinen Kontakt, verließen kaum ihre Wohnungen. Mit Medikamenten konnte ich ihnen nicht helfen, ihre Krankheit war die Einsamkeit. Fortan kreisten meine Gedanken um dieses Problem. Ich brauchte Verbündete.

Ich war verheiratet mit Kurt Roßberg, der nach dem Ende des Krieges 1945 in Sachsen die Volkssolidarität mit gegründet hatte. Diese Gründung war damals für die Überlebenden des Krieges lebensnotwendig. Kurt war erster Geschäftsführer des Centralausschusses der Volkssolidarität. Ich saß also an der Quelle. Kurt machte mich bekannt mit Menschen, die in unserem Kiez in Ortsgruppen der Volkssolidarität arbeiteten. Ich wurde sofort Mitglied. Erfuhr von Angeboten für ältere Menschen. So zum Beispiel Rentnernachmittage in unserer Wohngebietsgaststätte mit Tanz, Kaffee und Kuchen. Zu diesen gut besuchten Veranstaltungen kamen die Menschen, um miteinander zu reden. Das half, der Einsamkeit vorzubeugen. Auch die Tatsache, dass man sich zum Ausgang gut anzog, hatte positive Auswirkungen. Ich gab meinen Patienten Kontakte zu Ortsgruppen der Volkssolidarität.

Nach ein paar Jahren wurde ich zur Vorsitzenden des Kreisverbandes der VS gewählt. Dadurch wurde ich von den engagiert arbeitenden Geschäftsführern unterstützt, die fest angestellt waren und den Laden schmissen. Meine letzte Geschäftsführerin war Anita Andres, viele unserer Berliner Mitglieder kennen sie aus der Arbeit im Landesverband. Ich nutzte die Rentnernachmittage der VS, um medizinische Vorträge zu halten. Anfangs musste man sich seine Kaffeetasse selbst mitbringen. Den Argusaugen der Kaffee-Verantwortlichen entging es nicht, wenn einer mit einer größeren Tasse sich mehr Kaffee erschleichen wollte. Köstlich, wenn ich jetzt daran denke!

An eine andere Begebenheit denke ich ungern. Wenn wir in die Geschäftsstelle am Bahnhof unterhalb der Lichtenberger Brücke zur Beratung kamen, froren wir im Winter entsetzlich. Wir mussten lange warten, bis wir andere Räume mit besserer Heizung bekamen. Dann kam die Wende, die DDR brach auseinander. Als Ärztin wurde ich nicht mehr gebraucht. Mein Mann starb nach langer Krankheit. Halt und eine gewisse Ablenkung von meinem Kummer gab mir die Arbeit für ältere Menschen, hauptamtlich oder ehrenamtlich, danach fragte keiner. Viele Ortsgruppen der VS lösten sich auf, auch in unserem Wohngebiet. Die Menschen wollten sich für nichts mehr engagieren.

Aber die Volkssolidarität kämpfte, nicht um das Überleben, sondern um das neue Leben in einer ungewohnten Gesellschaftsordnung. Ich war bei den Beratungen mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband dabei. In ihm waren und sind Träger zusammengefasst, die sich für soziale Probleme einsetzen. So etwas kannten wir nicht. Wir mussten umdenken und setzten Rat und Vorschläge des Paritätischen um. Andere Vereine, die in der BRD angesiedelt waren, klopften an die Türen unserer Häuser, um neue Mitglieder für sich zu werben. Die VS sei ja nun weg vom Fenster. In unserem Kiez war hauptsächlich die Arbeiterwohlfahrt aktiv.

Das Arbeitsamt vermittelte mir eine ABM-Stelle. Ich sollte eine Beratungsstelle für ältere Bürger aufbauen. Das kam wie bestellt. Ich konnte meine Arbeit in der VS Kreisstelle, jetzt Bezirksstelle Lichtenberg, fortsetzen. Die Beratungsstelle erhielt eine Ortsgruppe im Wohngebiet und so konnten auch die Chorproben weitergeführt werden. Drei Jahre lang habe ich die Beratungsstelle geleitet, dann konnte ich vorzeitig in Rente gehen. Ehrenamtlich war ich weiter Vorsitzende der Ortsgruppe 61 in Lichtenberg und leitete die Bezirksgeschäftsstelle der Volkssolidarität. 1997 entschied ich, nicht mehr zu kandidieren. Ich wollte mich um mich kümmern können, und 20 Jahre Ehrenamt wären ja auch genug, dachte ich!

Im Herbst 1998 stand die Wahl zum neuen Landesverband der Volkssolidarität an. Drei Tage vor dem Termin besuchte mich ein Mitarbeiter des Landesverbandes. Er bat mich um Hilfe: Ich solle mich zur Wahl des Landesvorsitzenden aufstellen lassen. Neue Wege mussten begangen, wirtschaftliche Aufgaben übernommen und eine GmbH gegründet werden. Dieses Neuland traute sich der amtierende Landesvorsitzende aufgrund seines Alters nicht mehr zu.

Mir wurde zugesichert, dass ich mit kompetenter Unterstützung rechnen könne. Vielleicht war es Kurt, der mir zuflüsterte, dass ich die Volkssolidarität, die ja fast sein Lebenswerk war, nicht enttäuschen und im Stich lassen dürfe. Ich sagte also zu. Aber nur für ein Jahr, bis ein geeigneter Vorstand gefunden wäre. Dann könne ich mich wieder meinem Ruhestand widmen. Es wurden zwölf Jahre! In meiner Funktion nahm ich auch an den Beratungen des Bundesvorstands teil, der begonnen hatte, neue Arbeitsgebiete zu erschließen.

Der Reiseklub der Volkssolidarität flog oder fuhr Abertausende unserer Mitglieder in die verschiedensten Länder. Wir schufen auch das Chortreffen der VS. Alljährlich trafen sich die Chöre im Ausland oder in Deutschland. Unser Chor nahm 22 Mal daran teil. Im Landesverband sorgte ich mich vor allem um unsere Basis. Da fühlte ich mich wohl und sicher. Die Arbeit im Wohngebiet, in der Nachbarschaftshilfe unterscheidet die VS von allen anderen Wohlfahrtsverbänden. Und das muss erhalten bleiben.

2010 spürte ich, all diese Ämter, das konnte ich nicht mehr schaffen. Ich übergab den Staffelstab an eine ausgezeichnete Nachfolgerin. In unserer Ortsgruppe 61 in Friedrichsfelde arbeite ich noch immer mit Freude in einem Dreier-Vorstand mit. Nachbarschaftshilfe brauche ich nach einem Unfall vor zwei Jahren nun selbst und bin für jegliche Unterstützung dankbar. Mein Kontakt zur Außenwelt ist gesichert.

Unsere Volkssolidarität wird 75, ich bin 86 Jahre alt und blicke mit Stolz und Freude auf fast 50 Jahre Zugehörigkeit, Arbeit und Zuhause in unserem Verband zurück. Er hat als einzige Massenorganisation der DDR überlebt, sich in der neuen Gesellschaft etabliert und sich einen Namen gemacht. Die VS hat sich sehr verändert, immer, um ihrer Aufgabe, der sozialen Hilfe für die Menschen, die sie brauchen, treu zu bleiben. Ich wünsche ihr viel Kraft, gute Ideen, begeisterte Mitstreiter und ein langes langes Leben.

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Monika Neumann

Nein, ich kann wirklich nicht sagen, dass ich in diesem Alter davon geträumt habe, so viele Jahre in der Volkssolidarität aktiv zu sein. Berührung mit der Volkssolidarität hatte ich bereits mit 16 Jahren. Meine Mutti ist krank geworden, und es mussten unbedingt die Beiträge abkassiert werden. Was für eine Überredungskunst musste sie anstellen, bis ich endlich losging. Erstaunt kam ich zurück, die Manteltasche voll mit Schokolade und Bonbons. Was machte es plötzlich für einen Spaß, an den Türen zu klingeln. Wie nett wurde ich empfangen, sah ich doch meiner Mutter auch sehr ähnlich. Und dann stimmten auch noch die eingesammelten Beträge. Da war mir klar geworden, ich will da mitmachen und meine Mutti unterstützen. Ich wurde 1967 die jüngste Helferin in Rostock.

Immer wieder wurde durch Umzug die Mitgliedschaft in der Volkssolidarität unterbrochen, aber immer wieder fand ich Möglichkeiten, neu einzusteigen.

In den 70er-Jahren habe ich in Berlin-Mitte, in der Leipziger Straße, die Beiträge kassiert. Mittlerweile war ich verheiratet. Schokolade gab es nicht mehr, aber so manches Gläschen wurde gemeinsam getrunken. Nie wurde ich vor der Tür stehen gelassen, egal ob ein Arbeiter oder ein Rechtsanwalt die Tür öffnete. Was mich am meisten in dieser Zeit beeindruckte, das waren die wunderbaren Lebensgeschichten, die ich dabei erfahren hatte.

Die 80er-Jahre, nun mit zwei Kindern, erlebte ich in Lichtenberg. Vorrangig bestand die Arbeit darin, guten Kontakt zu den Mitgliedern zu halten, ihre Geburtstage nicht zu vergessen und natürlich immer noch die Kassierung.

Die Wendezeit krempelte alles um. Der Kampf um einen Arbeitsplatz war wichtiger geworden. Unsere Hauptkassiererin gab alles ab, und ich wurde in der IG-Metall für zehn Jahre auch die Betriebsratsvorsitzende. Ich musste lernen, lernen und nochmals lernen, die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse zu begreifen und trotzdem sozial zu bleiben. Durch Zufall bekam ich 2005 wieder Kontakt zu einem Mitglied der Volkssolidarität in Biesdorf-Süd und war wirklich riesig überrascht, dass sich hier 1995 eine Gruppe neu gegründet hatte. Keine Frage, ich wurde wieder einmal Mitglied und habe nach meinem Ausscheiden aus dem Berufsleben 2010 die Gruppe übernommen. Nun wird unsere Volkssolidarität entgegen allen Versuchen sie aufzulösen 75 Jahre alt und ich 69 Jahre. Ich habe die Mitglieder in diesem Verein schätzen gelernt, ich habe wunderbare Mitstreiter getroffen, ich habe ganz tollen Kontakt zu Schriftstellern, Musikern und Schauspielern herstellen können, und ich habe sehr viele Menschen überzeugen können, Mitglied bei uns zu werden. Für mich ist die Volkssolidarität eine Bereicherung in meinem Leben geworden, auch wenn das Ehrenamt mich voll im Griff hat.

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Dr. Klaus Sack (Ehrenmitglied)

Als Leiter der Geschäftsstelle der Volkssolidarität Prenzlauer Berg in der Zeit von 1992-2000 war ich Zeuge der sich vollziehenden gesellschaftlichen Veränderungen und wirkte aktiv an der Gestaltung des Mitgliederlebens im Bezirk und in den Ortsgruppen mit. Bekanntlich mussten sich die Bürger im Osten Deutschlands quasi über Nacht neuen Herausforderungen stellen. Vor allem viele ältere Menschen – sie stellten auch damals den Hauptteil unserer Mitglieder dar – waren stark verunsichert, wie sich ihr Leben unter den veränderten Bedingungen gestalten würde. Die DDR gab es nicht mehr, und niemand wusste, wie es konkret weitergehen sollte. Bei vielen überwogen Angst und Unsicherheit über die weitere Entwicklung.

Deutlich erkennbar war aber auch die Hoffnung auf grundlegende Veränderungen. Große Sorgen bis hin zu Existenzängsten bereiteten einigen Mitgliedern Fragen der künftigen Arbeits-, Wohn- und Mietbedingungen. Als besonders gravierend empfanden Mitglieder mit sehr geringem Einkommen die Festlegung, bei sozialer Bedürftigkeit und Inanspruchnahme staatlicher Unterstützung die eigene Vermögenslage offen legen zu müssen. Nicht wenige verzichteten deshalb auf diese Hilfe. Schließlich gab es einen großen Beratungsbedarf hinsichtlich der neuen Gesetze und Regelungen. In dieser Umbruchsituation, die erhöhte Eigeninitiative erforderte, standen ehrenamtliche Mitglieder des Vorstandes, Ortsgruppenvorsitzende und Helfer den Mitgliedern mit Rat und Tat zur Seite, übten Solidarität und entwickelten vielfältiges Engagement. Aus der Vielzahl von Mitgliedern, die in diesem Sinne wirkten, möchte ich beispielhaft Ortrud Georgy, Erika Bonnes und Dr. Ilse und Dr. Helmut Stauche nennen.

In den ersten Jahren nach 1989 gab es sowohl auf Bundes- und Landesebene wie auch in Prenzlauer Berg Anfeindungen, Verleumdungen und unverhohlenes Misstrauen gegen den „alten Ostverband“, der als eine der wenigen Institutionen die Wende überlebt hatte. Dabei spielte sicher eine Rolle, dass die Volkssolidarität mit ihrem Leistungsangebot, den vielen Mitgliedern und ehrenamtlich Tätigen ein Konkurrent auf dem Feld der sozialen Dienstleistungen war. Daneben gab es zentrale und lokale Unterstützer aus der „alten“ BRD, die an einer ehrlichen Zusammenarbeit interessiert waren.

Veränderte Bedingungen

Mit dem Bezirksvorstand sahen wir unsere Hauptaufgabe darin, unter den neuen gesellschaftlichen Bedingungen weiter ein interessantes Mitgliederleben zu ermöglichen. Auch unser Bezirksverband hatte mit der Wende viele Mitglieder verloren. Dennoch wollten wir unseren Verband unbedingt erhalten, war er doch Stätte der Gemeinschaft, des kulturellen Erlebens und der Solidarität. Einen erheblichen Einschnitt in die kieznahe Gestaltung des Mitgliederlebens in den Ortsgruppen stellten die neuen räumlichen Bedingungen dar. Die VS Prenzlauer Berg besaß keine Immobilien. Die bisher genutzten sieben Freizeitstätten oder Clubs befanden sich vorwiegend in Privathäusern, für die Miete gezahlt wurde. Entsprechend der enorm gewachsenen Bedeutung von Privateigentum stieg die Miete so sehr, dass sie nicht mehr bezahlbar war. In Einzelfällen bot man uns Freizeitstätten zum Kauf an, letztlich fanden wir Möglichkeiten, gemeinsame Veranstaltungen durchzuführen.

Neue Projekte

Wir vergrößerten unsere Angebote für soziale und kulturelle Betreuung. Mit den damals circa 50 Mitarbeitern der Geschäftsstelle – überwiegend Kräfte in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) – konnten wir zahlreiche Projekte entwickeln oder bestehende Angebote erweitern. So starteten wir mit Genehmigung des Bezirksamtes ein Putzmobil, in dem sechs Mitarbeiter tätig waren. Sie putzten bei den Mitgliedern Fenster zunächst kostenlos, später auf Spendenbasis. Das Putzmobil wurden auch vom Bezirksamt oder dem Gericht gerufen, um verwahrloste Wohnungen zu reinigen. Großen Zuspruch bei den Senioren fand das Projekt Malerbrigade. Die fünf Mitarbeiter führten in den Wohnungen der Mitglieder einfache Malerarbeiten aus und halfen bei Umzügen oder kleineren Reparaturarbeiten. Schrittweise wurde der zunächst kostenlose Mobilitätshilfedienst auf- und ausgebaut. Eine Nähstube mit sieben Mitarbeitern mussten wir 1992/93 mangels Aufträgen auflösen. In den ersten Jahren sammelten wir alte Textilien, die im Keller der Geschäftsstelle gelagert und mithilfe einer Verwertungsfirma in asiatische Länder gebracht wurden.

Das Projekt Fahrbarer Mittagstisch veränderte und vergrößerte sich. Vor 1989 trugen Mitarbeiter der Volkssolidarität das Essen in die Wohnungen der Senioren oder man traf sich zum Mittagstisch in den Freizeitstätten. Nach der Wende kauften wir Autos zum Ausfahren des Essens. In den ersten Jahren nutzten viele Senioren dieses Angebot, allein in Prenzlauer Berg fuhren wir sechs Touren. Die Nachbarschaftshilfe, ein Projekt, das sich seit Gründung der Volkssolidarität zum Markenzeichen des Verbandes entwickelte, bliebt unverändert wichtig. Die neu gegründeten Sozialstationen versorgten Mitglieder und andere Bürger hauswirtschaftlich und pflegerisch. Mitgliedern fiel es anfangs schwer, zu verstehen, warum die Angebote nicht kostenlos oder zumindest günstiger für sie waren. Daran wird deutlich, dass der Umdenkungsprozess von der DDR-Versorgungsmentalität zur kapitalistischen Form der Finanzierung noch nicht vollzogen war.

Vielfalt kultureller Angebote

Dem Bedürfnis unserer Mitglieder, das kulturelle Angebot zu erweitern, trugen wir durch eine Vielzahl von Veranstaltungen Rechnung. So fand einmal monatlich in der „Wabe“ ein Tanznachmittag mit einem speziellen Unterhaltungsprogramm statt. Sowohl die Musiker der Kapelle wie auch die Artisten, Clowns und Tänzer stellten uns die zuständige Senatsverwaltung mehrere Jahre kostenlos zur Verfügung. Für unsere Mitglieder mit körperlichen Einschränkungen organisierten wir so genannte Behindertenfahrten zu einem Treff außerhalb Berlins. Hervorzuheben ist, dass diese Fahrten in den ersten Jahren mit privaten PKWs als echte Solidaritätsleistung stattfanden.

Großer Beliebtheit erfreuten sich auch unsere Gartenfeste, die wir in Kleingartenanlagen gestalteten. Bestandteil des kulturellen Lebens stellen auch die monatlich stattfindenden Buchlesung in der zur Geschäftsstelle gehörenden kleinen Freizeitstätte da. Auch in unserem Bezirk begrüßten die Senioren die neuen Reisemöglichkeiten zum Kennenlernen jener Länder, die ihnen bisher nicht zugänglich waren.

Gemeinsam mit dem damals gegründeten Reiseklub für Senioren nahmen wir mit interessierten Mitgliedern an den alljährlich stattfindenden Seniorentreffen in wechselnde europäische Länder teil. Großen Zuspruch fanden auch mehrtägige Busreisen in den bisher für DDR-Senioren unbekannten Teil Deutschlands. Diese verstärkte Reisetätigkeit erwies sich zugleich als Quelle für die Gewinnung neuer Mitglieder.

Ausblick

20 Jahre sind seit meinem Ausscheiden als Hauptamtlicher vergangen. Seitdem habe ich mich in vielen Gremien als ehrenamtlicher Vertreter der Volkssolidarität eingebracht, habe Erfahrungen weitergegeben, sozialpolitische Interessen vertreten und an Gesetzen und Regelungen für die Altenarbeit mitgearbeitet. Zum 75. Jahrestag schauen wir auf eine erfolgreiche Entwicklung des Verbandes zurück. Der Landesverband der Volkssolidarität hat mit seinen regionalen Gliederungen, seinem differenzierten Netz an Einrichtungen, den engagierten haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern und ihrem solidarischen Handeln gute Voraussetzungen, um weiter ein anerkannter und zuverlässiger Partner in der gesundheitlichen und sozialen Betreuung von Menschen unterschiedlichen Alters und Herkunft zu sein.

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Dietrich Rahn

Ich legte 1953 als Internatsschüler der Goethe-Schule Roßleben an der Unstrut mein Abitur ab. In der DDR gab es noch Lebensmittelkarten, was sich auch in der Vollverpflegung von uns Internatsschülern auswirkte. Zu Feiertagen war es üblich, das Internat zu schließen, und die Küche gab kein Essen aus. Dieses lange Wochenende zu Pfingsten 1953 waren fünf Tage. Wir Abiturienten durften jedoch in der Vorbereitungszeit auf die Prüfungen im Internat bleiben und waren de facto Selbstversorger. Um uns das zu erleichtern, hatte unsere Heimleiterin zusätzliche Verpflegung organisiert. Das waren Margarinewürfel und Ölsardinen, wovon später auch alle Internatsschüler profitierten. Die Küchenfrauen haben für uns Daheimgebliebene Feiertagskuchen gebacken. Als Schülersprecher bedankte ich mich bei der Heimleiterin und erfuhr, dass die Zusatzverpflegung eine Spende von der Volkssolidarität war.

Von dieser Solidarleistung war ich so angetan, dass ich ihr versprach, nach meinem Studium bei Arbeitsaufnahme Mitglied der Volkssolidarität zu werden. Das geschah dann vor 61 Jahren. In meiner ersten Arbeitsstelle VEB Walzengießerei Coswig bei Dresden war der Solidargedanke auch fest verwurzelt. So nahm an unserem Werksküchenessen eine Rentnergruppe aus der Stadt Coswig teil. Als Hauptbuchhalter hatte ich nichts dagegen, dass die Kosten dafür „untergingen“. Nach der Wende engagierte ich mich sozial in der WGLi Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg und bin seit 1992 Vorsitzender der Ortsgruppe 09 der Volkssolidarität in Berlin-Lichtenberg.

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Jutta Freiberg

Der Apfel fällt bekannterweise nicht weit vom Stamm. Jutta Freiberg fand durch ihre Mutter schon als Kind zur Volkssolidarität. Bei Feiern „durfte“ sie Gedichte vortragen, als junge Frau beim Beitragskassieren helfen. Mit 27 wurde sie Mitglied, und 1986 mit 40 gehörte sie zum Vorstand der Ortsgruppe 2 im Barnimkiez in Friedrichshain. 1989 zählte die Gruppe stolze 590 Mitglieder. Dann kam die Wende. Plötzlich war alles anders. Die Nachbarortsgruppe im Kiez gab quasi über Nacht auf. Um die 20 bis 25 Mitglieder konnten übernommen werden, die anderen waren weg. „Wir hatten jeden Monat stets unsere Veranstaltungen mit namhaften Künstlern gemacht, das hat gezogen“, erinnert sich Jutta Freiberg. „Mit einem Schlag waren aber die Räume weg. Hinzu kamen die Beitragserhöhungen, da sind viele, sehr viele abgesprungen.“ Mitunter zahlte in jener Zeit noch manch einer einen Mitgliedsbeitrag von 30 Pfennig.

In kurzer Zeit waren sie 100 Mitglieder weniger. Doch für viele ist die Ortsgruppe ein Halt in sich rapide verändernden Zeiten. Ein Stein in der Brandung. Wie auch anderswo wurden die Gruppen kleiner, aber es ging weiter und irgendwie wurde immer ein Weg gefunden. „Was haben wir nicht alles gemacht, um regelmäßig zusammenkommen zu können und damit als Gruppe zu bestehen.“ So suchte und fand Jutta Freiberg in der Büschingstraße eine leerstehende Altbau-Erdgeschosswohnung. Mit der Wohnungsverwaltung wurde man sich einig, und so hatte die Ortsgruppe erstmal wieder eine Bleibe – jedoch mit Ofenheizung. Das war ein Aufwand. Kohlen mussten besorgt und selbst geheizt werden.

Auch das Reisen mit der Volkssolidarität ins In- und Ausland war ein neues, sehr beliebtes Thema im Verband und sorgte in den 90-er Jahren deutlich für Ausstrahlungskraft. Vor allem die großen Frühlings- und Herbsttreffen des Reiseklubs für Senioren sind Jutta Freiberg in Erinnerung geblieben, die selbst als Reisebetreuerin für „ihre Leute“ mit dabei war. Das gemeinsame Reisen ist fraglos ein tolles Gemeinschaftserlebnis und hat natürlich auch neue Mitglieder gebracht, schwärmt sie.

Was hat in jener Umbruchszeit geholfen? „Wir wollten diesen Verein erhalten! Wir haben auf Kontinuität, auf Verlässlichkeit gesetzt. Wir waren einfach da für unsere Mitglieder.“ Damals wie heute sind die regelmäßigen Treffs unentbehrlich für den Zusammenhalt. Wie ein ungeschriebenes Gesetz gilt: Jeden zweiten Montag im Monat (außer Juli, August) kommt die heute rund 100 Mitglieder starke Ortsgruppe 2 zusammen. Seit 40 Jahren! Da gibts neben Kultur auch viele Informationen von der Sozialberatung bis hin zur Verkehrssicherheit.

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Ingolf Hähnel

Am 23. April 1945 befreiten die Truppen der I. Belorussischen Front der Sowjetarmee meinen Heimatort Hohen-Neuendorf im Norden Berlins. Die Truppen, zu denen die 1. Polnische Armee gehörte, schlossen den Ring um Berlin, um der Nazibarbarei ein Ende zu bereiten. Für meine Familie, besonders meinen Vater, war es ein hoffnungsvoller Tag. Mein Vater wurde 1933 von der Gestapo in unvorstellbarer Weise gefoltert und danach im Zuchthaus Brandenburg inhaftiert. Deshalb brachte die Befreiung für die gesamte Familie das Ende der Todesangst und neue Hoffnung und Glück.

Die Eltern beteiligten sich seit der Stunde Null aktiv am Wiederaufbau des demokratischen Lebens, sorgten für dringend benötigte Medikamente und Lebensmittel; sie schafften es, für die Kinder, besonders für die aus den vielen Flüchtlingsfamilien, Milch zu organisieren. Ausgehend von der Landeshauptstadt Potsdam organisierten Antifaschisten und Demokraten für die vielen Bedürftigen, Geflüchteten, für die aus den KZ Entlassenen Lebens und Sozialhilfe.

Die aktive soziale Interessenvertretung durch die Volkssolidarität war die motivierende Grundlage der dringenden Wohlfahrtshilfe. Von Sachsen ausgehend entstand Schritt für Schritt die „Volkssolidarität“ im Land Brandenburg und auch in meinem Heimatort. 1945 war es ein besonderes Anliegen der Volkssolidarität, die erste „Friedensweihnacht“ seit 1939 mitzugestalten. Die Menschen brauchten Ruhe, Besinnung und Geborgenheit nach dem Kriegsende. In Hohen-Neuendorf hat die Volkssolidarität für die Kinder eine Weihnachtsfeier gestaltet, mit einem Lichterbaum, ein wenig Zuckerware und kleinen, selbstgebastelten Geschenken. Ich war damals erst viereinhalb Jahre alt und doch erinnere ich mich an dieses Weihnachten bis heute – an den geschmückten Ratssaal, an Pfefferminzbruch und an Bausteine – aus Latten und Stuhlbeinen gesägt und mit Kopierstiftzeichnungen verziert. Es ist gut, zur Volkssolidarität und zu ihrem humanistischen Anliegen zu gehören.

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